Konsistente Terminologie im Projektmanagement

Klare Kommunikation

Das Projekt ist gut gesteuert: Zeitpläne werden eingehalten, Qualität ist sichergestellt, jede Arbeitskraft wird optimal genutzt. Ein Bereich mit Optimierungspotenzial wird jedoch häufig übersehen und unterschätzt, aber nicht bei diesem Projekt: Durch die Verwendung einer konsistenten Terminologie werden Missverständnisse in der Projektkommunikation vermieden. Etwaige Nachbesserungen aufgrund von unklarer Kommunikation zwischen den Mitarbeitern verschiedener Abteilungen oder mit dem Auftraggeber entfallen, Übersetzungskosten für Verträge und die gesamte internationale Projektkommunikation bleiben minimal. Terminologiemanagement ist ein Thema von dem nicht nur technische Redakteure profitieren, sondern in Konsequenz das Ansehen der gesamten Firma.

Mit den meisten Projekten ist es wie mit einem neuen Produkt. Obwohl das dienstleistende Unternehmen auf Erfahrungswissen aufbaut, kommen immer spezifische Herausforderungen und Zielvorgaben hinzu. Diese erfordern neuartige Lösungen und damit werden neue Begriffe eingeführt. Über die Begrifflichkeiten muss Einigkeit bestehen – zwischen Auftragnehmer und Auftraggeber und zwischen den Mitarbeitern und Abteilungen, die gemeinsam am Projekt arbeiten – also den firmeninternen Auftraggebern und Auftragnehmern. Wenn die Kommunikation auf diesen Ebenen nicht klar geführt wird, können Dinge schiefgehen. Stellen werden unter verschiedenen Titeln irrtümlich mehrfach ausgeschrieben, Anforderungen falsch interpretiert und weitergegeben. Unangenehme Rechfertigungen und Korrekturen folgen und die Kosten für das Projekt und zukünftige Serviceleistungen steigen. Spricht der Dienstleister jedoch von Anfang an die ‚Sprache seiner Kunden’, wird eine positive Arbeitsebene hergestellt: Der Auftraggeber fühlt sich verstanden und sein Vertrauen wächst, dass man genau die Lösungen für seine Aufgaben bereitstellt, die er benötigt. Aufträge werden leichter akquiriert, Bestandskunden leichter gehalten.



Die Sprache der Kunden mit der Ausschreibung erlernen


Es beginnt mit der Ausschreibung. In dieser verwenden die Auftraggeber bereits eine spezifische Terminologie. Aufträge der öffentlichen Hand unterscheiden sich zuweilen auffällig von denen privatwirtschaftlich orientierter Unternehmen. Folgt als Bewerbung auf die Ausschreibung ein Angebot, das auf die geforderten Punkte nur mittelbar eingeht und beim Lesen erhöhte Aufmerksamkeit und intellektuelle Anpassung der Kunden erfordert, kann dies schon ein Ausschlusskriterium sein. Mit geringem Aufwand können vorliegende Textbausteine der Standardleistungen allerdings schon in eine kundenverständliche Sprache übertragen werden. Dabei hilft Software: Terminologie-Management-Systeme erfassen vorliegende Kundentexte und ermöglichen es, daraus projektspezifische Begriffslisten zu extrahieren.


Das Ergebnis sind Negativ- und Positivlisten. Welche Ausdrücke sind für Komponenten, Leistungen, Prozesse auf keinen Fall zu verwenden und wie sind diese zu ersetzen? In der Regel arbeiten technische Redakteure mit solchen Systemen. Doch sind diese für jeden eine Hilfe, der beruflich Texte schreibt, die weniger prosaisch als präzise sein müssen. Es geht nicht nur um umfangreiche Dokumentationen: Terminologiemanagement betrifft schon einzelne E-Mails an Mitarbeiter mit Anweisungen, Definitionen etc. Damit wird letztlich nicht nur die eigene Sprache kohärent, es ist auch nur noch ein winziger Schritt bis dahin, sich dem Sprachduktus der Auftraggeber anzupassen. Die Listen werden in einer Tool-Box zum Begleiter jedes zu erstellenden Textes. Vorschläge für die korrekten Vokabeln erscheinen per Autocomplete direkt an der Cursorposition und in fertigen Textfassungen, bereits verwendete verbotene Synonyme werden durch entsprechende Markierungen im Wordcheck erkannt. Ein möglicher Einsatz des Systems wäre die Arbeit mit einer für die Firma eingerichteten Positiv- und Negativliste mit standardmäßig zu verwendenden und verbotenen Benennungen. Hinzu kommt wo erforderlich eine zweite, kundenspezifische Negativliste mit allen Benennungen, die bei diesem Auftraggeber anders heißen müssen als gewohnt. Was generell „Maschinensteuerung“ benannt wird, kann beispielsweise bei einem slotmachines einzelnen Kunden zur „Systemsteuerung“ werden. Eine Diskussion wird durch konformen Text vermieden. Diese Form der Trennung ermöglicht ausreichende Flexibilität für die Arbeit mit wechselnden Kundenanforderungen. Vorhandene Textmodule werden verwendet und die fertigen Dokumente in einem Schritt an die Kundenterminologie angepasst.



Stellt man Synonymie fest bei den Kundentexten selbst, wird man sich für eines der Synonyme entscheiden - oft profitiert der Kunde dann „zufällig“ mit von der Terminologiearbeit des Dienstleisters.



Kohärente Sprache – Bessere Arbeit im Projekt


Es gilt das Prinzip: „Währet den Anfängen!“ Wenn erst einmal unterschiedliche Benennungen für ein und denselben Gegenstand im Unternehmen kursieren, fühlen sich mit großer Wahrscheinlichkeit noch mehr Kollegen berufen, einen ihrer Ansicht nach exakteren Begriff hinzuzufügen. Haben alle Beteiligten allerdings von Beginn an die gleiche Sprachebene, können sie sich auf ihre jeweilige Kernaufgabe konzentrieren. Wichtig ist die schnelle Verfügbarkeit des Vokabulars in einer übersichtlichen Software, die aufwendige Recherche in verschiedenen Datenbanken erspart. Wenn bereits die Vorbereitung höhere Kohärenz aufweist, lässt sich auch das Projektreporting für Management und Shareholder leichter zentral erstellen. Darüber hinaus hilft Kohärenz im oft verlangten Audit. Für die Qualitätssicherung sind die Messbarkeit der Leistungen und die Einhaltung von Standards die wichtigsten Faktoren. Begrifflichkeiten sind explizit mit eingeschlossen. Die DIN-Normenreihe DIN 69901 legt Grundlagen für Projektmanagementsysteme fest. DIN 69901-5 definiert Begriffe, die im Projektmanagement eine Rolle spielen, wie z. B. Anforderung, Lastenheft oder Pflichtenheft und ihre englischen Übersetzungen. Klare Sprache unter Verwendung der festgelegten Begriffe ist eine Notwendigkeit im zertifizierten Projektmanagement, die jedoch mit einfachen Mitteln umgesetzt werden kann.


Keine thematischen Grenzen der Anwendung


In technischen Bereichen, wie dem Anlagenbau, hat sich die Verwendung von Terminologie-Management-Systemen bereits im Projektmanagement vieler Betriebe etabliert. Doch nahezu jede Branche kann davon profitieren. Derzeit beginnt sich der Blick auf eine kohärente Terminologie immer stärker bei Banken und Versicherungen durchzusetzen. Für hoch komplexe Anlageprodukte ist eine einheitliche Sprache essenziell, um erstens den Überblick für Berater und Anleger zu gewährleisten und zweitens Rechtssicherheit herzustellen. Für den Anbieter, z. B. eine Fondsgesellschaft, hilft das Terminologiemanagement, Fehler zu vermeiden, wie sie durch unterschiedliche Benennungen auf unterschiedlichen Arbeitsebenen entstehen können. Damit beugt man Verlusten und möglichen Schadensersatzleistungen nach irreführender Beratung vor.

Dr. Rainer Pflaum, Geschäftsführer der SysKon Systemlösungen GmbH


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Dr. Rainer Pflaum, Geschäftsführer der SysKon Systemlösungen GmbH

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